Deutsches Reich: Entstehung des Reichs der Deutschen

Deutsches Reich: Entstehung des Reichs der Deutschen
Deutsches Reich: Entstehung des Reichs der Deutschen
 
Seit dem frühen 10. Jahrhundert kann man von einem Deutschen Reich sprechen. Seine Entstehung hatte sich bis dahin über einen längeren Zeitraum vollzogen. Das Königreich, das man seit dem 11. Jahrhundert »Reich der Deutschen« zu nennen begann, hieß damals noch »Ostfrankenreich«. Es hieß nicht deshalb so, weil es nur von Franken bewohnt gewesen wäre, sondern weil es aus dem Frankenreich hervorgegangen war, das verschiedene Völkerschaften und Gebiete umfasste und das Karl der Große zu unvergleichlicher räumlicher Größe gebracht und mit dem Kaisertum überhöht hatte. Fränkischer Brauch verlangte, dass das Reich unter die Söhne des Königs aufgeteilt wurde, und so bestand das Riesenreich Karls bald aus mehreren fränkischen Teilreichen. Ludwig, den wir heute »den Deutschen« nennen (843-876), herrschte als König über die Bayern, Schwaben, Rhein- und Mainfranken, Thüringer und Sachsen. Schon den Zeitgenossen war bewusst, dass die Bewohner von Ludwigs Ostfrankenreich sich von denen im Reich seines Bruders Karl »des Kahlen«, der König der Westfranken war, durch ihre Sprache unterschieden. Der größte Teil des Gebietes, das sie bewohnten, hatte nicht zum Römischen Reich gehört, und das Lateinische war dort nicht wie im Westen Grundlage der Landessprache geworden. So bewahrten sie ihre germanischen Sprachen, die trotz aller Unterschiede doch dieses verband: volksmäßig »theodisc« zu sein, ein Wort, das dann später zum Namen »deutsch« wurde. Fränkische Tradition aber war zur Zeit Ludwigs des Deutschen noch bestimmender als die Verwandtschaft der Sprachen, und so wurde sein Reich, fränkischem Teilungsbrauch entsprechend, wieder unter seine Söhne in drei Königreiche aufgeteilt, so wie es dann später, als es keine anderen erbberechtigten Nachkommen gab, in König Ludwig dem Kind wieder einen einzigen König hatte. Im Jahre 911 starb nun auch er, ohne Söhne zu hinterlassen. Nur im Westfrankenreich gab es noch einen König aus dem Geschlecht Karls des Großen. Die ostfränkischen Stämme entschieden sich gegen den westfränkischen Karolinger und damit für die Eigenständigkeit ihres Reichs gegenüber dem Westen: sie wählten Konrad, den Herzog der Franken, zum König. Dass es ein ungeteilt-einiges Reich sein würde, zeigte sich dann im Jahre 936. König Heinrich I. (919-936), der Nachfolger König Konrads (911-918), hatte bei seinem Tode mehrere regierungsfähige Söhne. Aber nur der älteste Sohn, Otto (siehe auch Liudolfinger), wurde König. Der fränkische Brauch, das Reich unter die Königssöhne aufzuteilen, wurde also nicht mehr befolgt. Mit dem Regierungsantritt Ottos I. war erwiesen, dass die Gebiete, die zuerst Ludwig der Deutsche zusammenfassend Ostfrankenreich genannt hatte, im Innern und nach außen eine Einheit darstellten.

Universal-Lexikon. 2012.

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